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Die richtigen Testideen priorisieren

Wie Sie die richtigen Testideen priorisieren

14 April 2021
Lesezeit : 
9 Minuten
Christoph Rottler
Christoph Rottler
Christoph Rottler ist Managing Director DACH bei Kameleoon. Mit über 10 Jahren Erfahrung im Bereich A/B-Testing und Personalisierung hat Christoph hunderte von Conversion-Optimierungsprojekten von SEA/ SMA bis hin zu On-Page-Kampagnen durchgeführt und greift auf einen riesigen Erfahrungsschatz aus allen Branchen zurück.

Stellen Sie sich vor, Ihre Webanalyse-Daten zeigen, dass viele Customer Journeys ohne Kauf enden. Doch Sie wissen nicht wo der Fehler liegen könnte. Kein Wunder, denn die User Experience (UX) stand bisher nicht im Vordergrund. Deshalb sollten UX-Designer jetzt hellhörig werden. Der Aufbau von Websites wird oft kaum analysiert und neue Elemente – ob Produktneuheiten, Bestseller oder Sonderangebote – landen nach Bauchgefühl und Hörensagen auf der Seite.

Manchmal sind die Teammitglieder sich uneinig darüber, was funktioniert und was nicht. Doch Bauchgefühl und Geschmack sind lange nicht so treffsicher wie datenbasierte Tests. In einem klassischen A/B-Test werden mindestens zwei Varianten eines Elements auf einer Webseite ausgespielt, die Performance gemessen und statistisch ausgewertet. Hierfür müssen gewisse Traffic-Zahlen erreicht werden, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. Je nach Höhe des Traffics, können Shop-Betreiber schon nach wenigen Tagen eine ausreichend große Stichprobe erhalten.

Neben der Integration der Testing-Lösung brauchen Conversion-Neulinge zunächst einen groben Überblick darüber, wie und wo sie anfangen müssen. Hierfür ist es sinnvoll, sich in den ersten Schritten von Ihrem Testing-Anbieter unterstützen zu lassen. Denn meistens herrscht bei kleinen und mittelständischen Unternehmen noch Nachholbedarf in puncto Testing-Wissen. Ihre primäre Motivation ist es, mehr Bestellungen oder Leads zu generieren. Doch welche Handgriffe auf der Website bewirken dies? In einem ersten Schritt sollten Sie sich als Verantwortlicher erst einmal die relevanten Customer Journeys anschauen: Gibt es auf der Website Hindernisse, durch welche Nutzer nicht weiterkommen und aussteigen? Was machen die User wie oft? Was läuft nicht so, wie Sie es sich vorgestellt haben? Beispielsweise nutzen viele Besucher den Warenkorb als Merkzettel. Auch wenn er nicht dafür gedacht ist, sollten Sie ihn auch in dieser Hinsicht optimieren oder die wirklichen Mehrwerte des Merkzettels kommunizieren. Idealerweise werden Problemfelder in Analytics-Daten, heuristischen Analysen oder einem User Lab gefunden und anschließend durch die Betrachtung der User Journey auf der Seite verifiziert – umgekehrt ist dies auch möglich. Ziel ist es, Probleme zu identifizieren, zu beschreiben und darauf basierend eine Lösungsmöglichkeit zu generieren.

1 Je näher am Checkout, umso klarer ist die Zuordnung der Ergebnisse

Als erste Grundregel gilt: Je weiter entfernt vom Checkout Sie mit dem Testen anfangen, umso weniger können Sie nachweisen, dass die Veränderungen für Ihr Conversion-Ziel „mehr Bestellungen“ verantwortlich sind. Die Produktdetailseite eignet sich oftmals gut als Einstieg, denn hier hat der Nutzer schon eine Vorauswahl getroffen.

Ein Beispiel: Ein User hat 45 Produkte in den Warenkorb gelegt, siebt dann bis auf vier aus und bestellt am Ende trotzdem nichts. Somit ist erkennbar, dass der Weg bis zum Warenkorb grundsätzlich funktioniert, denn der Besucher hat schon zu vielen Schritten „Ja“ gesagt: Ja, ich gehe auf eine Kategorieseite, ja, ich schaue mir Detailseiten an, ja, ich lege es in den Warenkorb. Nun öffnet der Nutzer den Warenkorb und steigt in den Bestellprozess ein, bricht dann aber im dritten oder vierten Schritt ab.

In diesem Fall könnte der Website-Inhaber über eine Online-Umfrage den Kunden direkt fragen, warum er nichts bestellt hat. Manche Interessenten überlegen es sich dann anders und fahren fort – oder sie sagen dem Unternehmen wenigstens, warum sie gegangen sind. Beispielsweise passen dem Kunden die angebotenen Zahlungsmöglichkeiten nicht. Er will auf Rechnung bezahlen, aber diese Option besteht nicht. Oder es wird ausschließlich ein Lieferdienst angeboten, mit dem der Nutzer schlechte Erfahrungen gemacht hat. Das würde auch erklären, warum sein Besuch nicht mit einer Bestellung endete.

Solange das Unternehmen den Kunden nicht direkt fragen kann, bieten A/B-Tests und die Interpretation der Analytics-Daten eine gute Lösung. Denn so weiß das Unternehmen, an was es arbeiten muss.

2 Roadmap: Strukturiertes Vorgehen zum Erfolg

Viele Betriebe gehen dieses Thema nicht auf einer strategischen Ebene an, sondern möchten „mal einen Button testen“. Das löst jedoch nicht das eigentliche Problem. Wichtig ist ein strukturiertes Vorgehen: Was funktioniert auf meiner Seite gut, was nicht? Und wenn ein Element optimiert werden soll, ist es überhaupt wichtig für den Nutzer? Wie viele Möglichkeiten existieren, um dieses eine Element zu verbessern?

Hierfür sollten Sie als Website-Betreiber eine Roadmap anlegen und alle Seiten und Bereiche, die für ein Optimierungsvorhaben infrage kommen, auflisten. Für eine übersichtliche Darstellung eignet sich eine einfache Tabelle: Auf der linken Seite setzen Sie die Seiten und Bereiche untereinander, die Sie optimieren möchten. Hierzu gehören die Homepage, die Produktübersichtsseite, die Produktdetailseite, der Warenkorb, der Checkout und weitere übergreifende Optimierungsbereiche, wie die Navigation.

In die Spalten schreiben Sie die Testidee (grob), die Testbeschreibung (detailliert) und stellen eine Hypothese auf, die Sie im Test verifizieren möchten. Jede Testidee wird nach Performance, Umsetzbarkeit und Relevanz mit Punkten auf einer Skala von eins bis zehn bewertet. Wie gut oder schlecht funktioniert das zu testende Element bisher? Wie schwierig ist es, die Idee umzusetzen? Und welche Rolle spielt es für den Geschäftsbetrieb, wenn dieses Element besser funktioniert? Die Testideen, die am Ende die meisten Punkte erhalten, setzen Sie dann zuerst um. So können Sie sicherstellen, dass Sie das optimieren, wo am meisten rauszuholen ist. Diese Vorgehensweise basiert auf dem PIE-Framework.
Formulieren Sie klare Hypothesen, die auf ein primäres Conversion-Ziel ausgerichtet sind und testen Sie nicht zu viele Veränderungen auf einmal in einer einzigen Variante. Sonst können Sie am Ende des Tests keine klare Aussage darüber machen, welche Veränderung was bewirkt hat und welche Veränderung den Uplift gebracht hat.

3 Bis zum Checkout: Testideen für verschiedenste Seitentypen

Fangen wir mit der Homepage an: Gibt es eine Bühne oder ein klassisches Banner? Welche Form haben die Slider, wie viele gibt es und wie sind sie angeordnet? In diesem Fall könnten Sie verschiedene Positionen oder Formen der Slider testen: Funktionieren breite oder schmale Slider oder Kacheln besser? Ebenso könnten Sie in der Evaluierung Ihrer Startseite erkennen, dass es für die Kaufentscheidung wichtig ist, die Zahlungsmöglichkeiten bereits hier abzubilden. Für Produkt-Highlights wie „Topseller“ oder „Neu im Sortiment“ bieten sich verschiedene Positionen auf der Startseite an, die entweder direkt oder erst durch Scrollen (Above- und Below-The-Fold) sichtbar werden.

Auch die Navigation sollten Sie beachten: Es kann durchaus einen Unterschied machen, ob und wie Sie die „Schnäppchen-Kategorie“ platzieren oder wie sie hervorgehoben wird. Eine Testidee für die Produktübersichtsseite wäre, eine Sortierungsmöglichkeit der Produkte anzubieten. Auch Rabatte können unterschiedlich dargestellt werden: In vielen Tests gewinnen die sogenannten Streichpreise. Dabei wird der Originalpreis angezeigt und durchgestrichen, während das preiswertere Angebot prominent daneben steht. Zudem können Sie mit A/B-Tests analysieren, ob Rabatte in absoluter (10€) oder prozentualer Darstellung besser funktionieren.

Hat sich der Kunde bereits für ein Produkt entschieden, landet er auf der Produktdetailseite. Hier könnte es für ihn praktisch sein, ergänzende Produkte angezeigt zu bekommen. Schaut er sich zum Beispiel ein Tablet an, bieten sich Hüllen oder Tablet-Tastaturen an. Auch die Verfügbarkeit ist wichtig: Testen Sie, ob es die Kaufbereitschaft des Kunden beeinflusst, wenn er sieht, wie viele (oder wenige) Exemplare noch auf Lager sind oder wie lange die Lieferung dauert.

Sieht sich der Kunde den Warenkorb an, spielen Lieferzeiten und -kosten eine Rolle. Probieren Sie beispielsweise aus, ob der Kunde sich zum Kauf von weiteren Produkten animieren lässt, wenn sie keine zusätzlichen Lieferkosten verursachen. Im Checkout-Prozess könnte es von Vorteil sein, die Zahlungsarten hinsichtlich ihrer Nutzung oder Attraktivität für den Kunden anzuordnen.

4 Inspirationen für Testideen

Natürlich gibt es auch übergreifende Möglichkeiten, um die Shopping-Experience Ihrer Kunden zu verbessern. Animieren den Käufer womöglich Pop-up-Fenster, die ihn direkt zum Warenkorb führen – oder macht das überhaupt keinen Unterschied in der Kauflust? Könnte es nützlich sein, bereits auf der Homepage anzuzeigen, welche Lieferdienste Sie anbieten? Viele Kunden haben hier ganz klare Präferenzen. Das gleiche gilt für die Zahlungsmöglichkeiten.

Falls Ihnen die Ideen ausgehen, suchen Sie nach der besten Lösung für Ihr Problem. Setzt ein anderer Anbieter beispielsweise einen Bühnen-Slider ideal ein, können Sie diese Logik auch auf einer Ihrer Seiten testen – völlig unabhängig davon, ob Sie sich in der gleichen Branche befinden oder nicht. Ziehen Sie grundsätzlich Benchmarking einem Wettbewerbsvergleich vor, denn Sie wollen es nicht genauso gut oder schlecht machen, wie Ihre Konkurrenz, sondern das Problem bestmöglich lösen.

5 Personalisierung versus Testing

Was bedeutet Personalisierung und wann sollten Sie damit beginnen? Beim A/B-Test evaluieren Sie, was für den Durchschnitt der Nutzer am besten funktioniert. Mit Personalisierung können Sie individuelle Botschaften oder Inhalte an einzelne User oder Usergruppen übermitteln. Grundsätzlich gilt: Ohne Tests sollten Sie nicht personalisieren, denn woher wissen Sie sonst, dass etwas besser funktioniert?

Es existiert keine Patentlösung, ab welchem Zeitpunkt sich Personalisierung nutzbringend einsetzen lässt. Sinn ergibt sie meist dann, wenn Sie im Test eine Besonderheit erkannt haben, etwa, wenn für eine bestimmte Teilgruppe eine andere Variante gewonnen hat.

Ein Tipp: Nehmen Sie sich Ihre mobile Website vor. In den allermeisten Fällen ist sie nur eine Nachbildung der Desktop-Website, obwohl die Nutzung auf dem Smartphone aufgrund der Bildschirmgröße und der Nutzungssituation eine andere ist. Der Aufwand lohnt sich, denn der Anteil mobiler Internetnutzer steigt kontinuierlich und liegt in Deutschland bereits bei über 70 Prozent.”
Natalie Schairer
Conversion Rate Consultant, Kameleoon
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Christoph Rottler ist Managing Director DACH bei Kameleoon. Mit über 10 Jahren Erfahrung im Bereich A/B-Testing und Personalisierung hat Christoph hunderte von Conversion-Optimierungsprojekten von SEA/ SMA bis hin zu On-Page-Kampagnen durchgeführt und greift auf einen riesigen Erfahrungsschatz aus allen Branchen zurück.